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Kurzgeschichte I (520AS)

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Staub rieselte von Decke, als die Tür schwer hinter ihr ins Schloss fiel und den Lärm der Straße verschluckte. Ohne Zweifel war sie hier richtig, hing sein Gestank doch unverkennbar in der stickigen Luft. Ihr eigenes kehliges Knurren brach sich in dem kleinen Kellergewölbe und wurde nur vom Ächzen der kleinen Holztreppe unterbrochen, die sie herunterkam. Unten angekommen hatte sie eine ganz gute Vorstellung davon, wie der Raum aussah und wo sich ihr Ziel verstecken würde. Der hellblaue Dunst, der in dem spärlich beleuchten Zwielicht grau wirkte, haftete an der kühlen Kellerdecke und schien nur mit Mühe durch sie hindurch zu sickern.

»Ich weiß das du hier bist und du weißt ganz genau, dass du dich vor mir nicht verstecken braucht. Meine bessere Hälfte hat dich schon gestern aufgepürt, als du dich in der Stadt verkrochen hast.«

»Ihr müsst mich verstehen«, antwortete die Stimme eines älteren Mannes, dessen Herzschläge viel zu schnell und die Pausen zwischen den Worten viel zu kurz waren. »Ich wollte es ja nicht behalten, hätte es zurückgezahlt. Ganz sicher.«

Das warnende Klicken eines Knopfes, war seine Antwort. Ihr Khukuri hatte sich lautlos aus seiner Halterung gelöst, seinen Bruder jedoch zurückgelassen.

»Ich verstehe es schon, nur nennt man das nun einmal Diebstahl.«. Wie immer fühlte es sich komisch an, wenn sie statt auf vier Pfoten auf ihren eigenen zwei Beinen lief.

-Du weißt, dass Tulok es nicht gut heißen würde, wenn du ihm weh tust? Du bist keine Richterin und auch keine Vollstreckerin.-, hallte eine tiefe Stimme in ihrem Kopf.

Du weißt ganz genau, sie atmete tief durch und sah sich weiter im Raum um, Das ich mich an unsere Regeln halten werden und dass ich mich nicht in mich verwandelt hätte, wenn ich weiter deine Hilfe brauchen würde. Ich schätze deine Meinung sehr, aber wie wäre es, wenn du mir jetzt einfach nicht auf die Nerven gehst und mich machen lässt?

 

Der Keller war lang, aber recht schmal, er würde so oder so nicht an ihr vorbeikommen, zumal er sich eh in die letzte Ecke verzogen hatte. Dass ihr Gefährte ihr nicht antwortete, nahm sie schnaufend als Zustimmung entgehen und führte ihren Weg fort. »Du hättest fragen können, man hätte dir das Geld sicher geliehen.«

»Vielleicht geliehen.«, das Erregte war aus seiner Stimme verschwunden, »Doch so war es einfacher. Ich habe das Geld eh nicht mehr bei mir, wie du vermutlich weißt. Und du darfst mir eh nichts tun. Ich weiß das und du weißt das.«

Sie nahm einen der schweren Bastkörbe und warf ihn in die Richtung der Stimme. Ein erstickter Aufschrei verschwand im Getose eines umstürzenden Regals.

Eins. Zwei. Drei. Während ihre Füße auf ihren Atem hörend über den klammen Stein glitten, bestand die Welt für sie nur noch aus einzelnen Punkten. Wo würde er auftauchen? Neben der Säule, links davon über die Kiste springend oder direkt vor ihr, dem Versuch erliegend sie zu rempeln?

Vier, fünf ...

 

Sie drehte sich rücklings um ihre eigene Achse, während sie einen Seitwärtsschritt vollführte. Dem so an ihm vorbeistürmenden Angreifer gab sie in Vollendung ihrer Drehung einen Ellenbogenhieb in die weiche Nierengegend. Was ihr an Größe und Kraft fehlte, musste sie schließlich mit Technik und Wissen wettmachen. Während sie bereits über das Kommende nachdachte, vollführe ihr Körper die restlichen Handgriffe. Seine linke Hand auf dem Rücken fixieren, die Rechte war frei, weshalb sie sich weiter links hinter ihn stellte, ihr Knie gegen seine Beine gestemmt. Es war kein überragend guter Ausgangspunkt aber ihre Waffen an seiner Seite sollte ihn beruhigen. Ihre Klinge war scharf und die Haut bereits so sehr gespannt, dass selbst ein scharfer Atemzug für einen Schnitt reichen würde.

»Das darfst du ...«, sie sah, seine geweiteten Augen im Sonnenlicht, was zähflüssig durch die verschmutzend Fenster drang. Damit hatte er nicht gerechnet, doch das taten die Wenigsten. Sie mochte klein sein, sie mochte jung sein und doch wurde sie von einem der Besten ausgebildet in genau dem, was sie gerade tat.

»Shhhh. Du hast deine Chancen verspielt. Ich gab dir eine vorne am Fleischer, ich gab dir eine Weitere an der Kreuzung und selbst vorhin habe ich dir noch eine gegeben. Damit ist jetzt Schluss.« Sie widerstand der Versuchung ihn gehen zu lassen, damit sie ihn weiter hätte jagen können. Dazu war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit. »Wo ist das Geld, was du aus der Küche gestohlen hast?«

Sein Atem flatterte, als sie ihre Klinge an deinem Körper ein kleines Stück nach oben gleiten lies, wohlbedacht darauf ihn nicht zu schneiden.

»Bei einem Kontaktmann, er hat es sicher schon auf den Weg nach Farutar gebracht.«

»Was soll es denn dort? Es ist sicher nicht genug für ein Kunstwerk und Schulden werdet ihr da auch nicht haben. Wen finanzierst du dort?« Erst als sie ihren Griff etwas festigte, antwortete er. Zum Glück, denn die sie kam die Grenzen ihrer konventionellen Mittel.

»Das Geld ist für ein Pferd – mein Pferd. Ich habe es beim Wetten verloren nur gehört das Pferd eigentlich meinem besten Freund und der nunja, weiß nicht, dass ich es verwettet habe.« Ihr Atem rasselte als sie durchatmete hörbar. »Du wolltest einen Diebstahl mit einem Diebstahl decken?«

»G-ganz so ist das nicht, er hat mir das Pferd freiwillig gegeben, damit ich schneller von A nach B komme. Zumindest für diesen Monat. Ich hatte so eine gute Hand, ich hätte mir ein Eigenes kaufen können!«

»Warum hast du uns dann nicht um ein Darlehn gebeten? Um Arbeit? Um Hilfe?«

»Die Gelegenheit schien günstig – die Chancen gut und ... es ist einfach passiert.« Sätze, die sie so oder so ähnlich in letzter Zeit viel zu häufig hörte.

 

-Tulok braucht dich für etwas Wichtiges an der Arena, so schnell du kannst. Ich nehme an, er meint die in Seraina. Alles andere wäre zu weit.- es folgten einige Augenblicke der Stille und des angespannten Luftholens.

»Wie es aussieht, bekommst du doch noch eine Chance das Ganze zu regeln – ohne dass ich dich wie einen Hasen bis zum nächsten Richter treibe.« Sie stieß ihn zur Seite in einen Haufen von Säcken, landete sanft - zumindest für sie - mit ihrem Knie in seiner Magengegend und hielt ihm die Klinge an die Kehle. Sie merkte gar nicht, wie sie sich über die Lefzen leckte und ihre Beute anstarrte, die so viel Furcht versprühte, dass sie sie riechen, schmecken und hören konnte.

»Der einzige der dir jetzt helfen kann, ist der Bürgermeister des Ortes. Du stellst dich bei ihm und lässt dich nach Seraina für deinen Prozess bringen. Verstanden?« Ihr gegenüber nickte langsam und ohne dabei seinen Blick zu lösen. Sie erhob sich mühelos und zog die Klinge so sanft über seinen Bart, dass sie ihn rasierte, wenn auch etwas zu tief. »Lass dir das eine letzte Warnung sein, dass von der Lehre der Drachen abzukommen, nichts Gutes bringt. Nur Verderben, Schmerz und Misstrauen.«

 

Nie darf ich meinen Spaß haben. Der Gedanke war nicht ganz ernst gemeint und doch nicht unwahr.

-Es soll keinen Spaß machen, auch wenn dich genau das so gut in dem macht, was du tust.-, verhaltenes Lachen waberte durch den düsteren Keller.

Wir können beide froh sein, dass Tulok es für Ambition hält.

-Wir können froh sein, dass er dir nicht wirklich zeigt, was er davon hält. Weil du Ergebnisse lieferst, nicht mehr und nicht weniger.-

 

»Hör zu«, wandte sie sich mit der Hand auf der Türklinke an ihren noch immer regungslos daliegenden Kontrahenten. »Erstens: Wenn du in Seraina meines Gleichen vorgestellt wirst, bitte sie darum, aus meiner Kasse Geld zu nehmen und es hierher zu schicken. Ohne das Geld kann die Küche diejenigen nicht versorgen, die es bitternötig haben. Zweitens: Sie sollen jemanden schicken und das Geld sowie das Pferd zurückholen, damit du keinen Grund mehr hast auf so dumme Gedanken zu kommen.«

»Wie- Ich weiß nicht ...«

»Drittens: Das hier ist kein Gefallen mehr, das ist eine Schuld und ich werde sie einfordern, sobald ich es für richtig halte. Mach nicht den Fehler dies zu vergessen oder gar zu ignorieren. Das könnte dich den Rest deines Bartes und allem was daran hängt kosten.« Sie öffnete die Tür und verschwand im gleißenden Licht der Mittagssonne. Ein schwarzer Schatten huschte an den Kellerfenstern vorbei, hielt an dem inne, unter dem der Fremde lag und knurrte. Kaum das der Schatten verschwunden war, erhob dieser sich zitternd und stapfte vorsichtig bis zur Kellertür. Schützend hob er die Hand dem gleißenden Feuerball entgegen und versuchte, sich zu orientieren. Mit unruhigen Händen brachte er ein kleines Tuch aus der Innentasche und betrachtete es. Ein kraftloses Lächeln wurde durch einen entschlossenen Blick ergänzt.

»Entschuldigen Sie,«, er nickte der Frau entgegen, die gerade ihr Pferd striegelte.

»Wissen sie zufällig wie ich von hier am schnellten zum Bürgermeister komme?«

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